Die Familienstiftung
Themen der Vermögensnachfolge:
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- Lebensdestillation – Die Suche nach der Essenz für die Vermögensnachfolge
- Vermögensnachfolge durch Testament
- Familienstiftungen
- Gemeinnützige Stiftungen
- Fiskalerbschaft in Deutschland
- Pflichtteil im deutschen Erbrecht
Familienstiftung: Vermögensnachfolge & Generationen sichern
Was ist eine Familienstiftung und wie schützt sie Ihr Vermögen über Generationen hinweg? Wir erläutern, wie Sie mit einer Familienstiftung Vermögen sichern, Pflichtteilsansprüche begrenzen und steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten nutzen können – in Deutschland, Liechtenstein oder Nevis. Ein praktischer Leitfaden für Stifter, die langfristige Nachfolge & Werte bewahren möchten.
Familienstiftung in Deutschland, Liechtenstein oder Nevis: Errichtung & deutsche Steuerfolgen
1) Was ist eine Familienstiftung?
Eine Familienstiftung ist eine rechtsfähige Stiftung, deren Zweck primär der Erhalt, die Sicherung und die geregelte Verwendung des Vermögens zugunsten einer oder mehrerer Familienlinien ist. Begünstigte (Destinatäre) sind regelmäßig der Stifter selbst, dessen Nachkommen sowie weitere Angehörige. Im Unterschied zur gemeinnützigen Stiftung dient die Familienstiftung privaten Interessen (z. B. Unternehmensnachfolge, Immobilien- und Kapitalvermögensverwaltung, Schutz vor Zersplitterung des Vermögens).
2) Mögliche Rechtsordnungen: Deutschland, Liechtenstein, Nevis
| Land | Rechtsform / Struktur | Typische Merkmale |
|---|---|---|
| Deutschland | Privatnützige Familienstiftung (Stiftung bürgerlichen Rechts) | Satzung/Statut, Grundstockvermögen, Vorstand, ggf. Stiftungsaufsicht; höhere Transparenz- und Mitwirkungspflichten. |
| Liechtenstein | Stiftung nach liechtensteinischem Stiftungsrecht | Hohe Gestaltungsfreiheit; flexible Destinatärsbestimmungen; erprobte Nachfolge- und Vermögensstrukturen. |
| Nevis | Nevis International/Multiform Foundation | Sehr flexible, international ausgerichtete Stiftungsstruktur; regelmäßig geringe Publizitätsanforderungen im Sitzstaat. |
3) Errichtung: Schritte & Gestaltung
- Zweck- und Destinatärsdefinition: Wer wird (wann, wie, unter welchen Bedingungen) begünstigt? Welche Leitplanken (Subsidiarität, Bedürftigkeitsklauseln, Ausschüttungsquoten)?
- Vermögenswidmung: Übertragung von Unternehmensanteilen, Immobilien, Wertpapieren, Liquidität.
- Satzung/Statut: Governance (Vorstand, Beirat/Protektor), Ausschüttungsregeln, Anlagerichtlinien, Notfall- und Abwahlmechanismen, Änderungs- und Aufhebungsregeln.
- Sitz & Geschäftsleitung: Wahl der Rechtsordnung und der operativen Leitung; bei Auslandsstiftungen zusätzlich lokale Gründungs- und Registrierungsanforderungen.
- Compliance & Aufsicht: Formvorschriften, ggf. Genehmigung/Stiftungsaufsicht, Buchführung, Jahresabschluss, Prüfungen.
- Deutsche Rechtsfolgen bei Auslandsstiftungen: Steuerliche Zurechnung, Außensteuergesetz (AStG), Erb-/Pflichtteilsrecht, Melde- und Offenlegungspflichten.
4) Steuerliche Behandlung, wenn Stifter & Begünstigte in Deutschland leben
a) Ertragsteuern (Stiftungsebene & Begünstigte)
- Deutsche Familienstiftung: Körperschaftsteuer (zzgl. SolZ) auf Stiftungsebene; je nach Tätigkeit ggf. Gewerbesteuer. Erträge aus Kapital, Miete/Pacht, Beteiligungen etc. werden auf Stiftungsebene besteuert.
- Ausschüttungen: Leistungen an Begünstigte sind grundsätzlich einkommensteuerpflichtig. Einordnung richtet sich nach Art der Leistung (z. B. sonstige Einkünfte). Doppelbelastungen sind bei Strukturierung zu beachten.
b) Erbschaft- & Schenkungsteuer
- Vermögensübertragung in die Stiftung: Grundsätzlich schenkungsteuerpflichtig. Maßgeblich sind Steuerklasse und Freibeträge, als ob an natürliche Personen zugewendet würde (Stichwort: „Zwischenbesteuerung“ bei Familienstiftungen).
- Erbersatzsteuer: Regelmäßige Besteuerung alle 30 Jahre; die Stiftung gilt fiktiv als Erblasserin. Dies ist bei der langfristigen Liquiditätsplanung zwingend einzuplanen.
c) Pflichtteils- & erbrechtliche Aspekte
- Eine Stiftung verhindert Pflichtteilsrechte nicht automatisch. Maßgeblich sind Zeitpunkt und Ausgestaltung der Zuwendung sowie die fortbestehende Einflussmöglichkeit des Stifters.
- Gestaltungen (z. B. Pflichtteilsverzicht, Abfindungen, zeitliche Streckung) sollten erb- und familienrechtlich sauber vorbereitet werden.
5) Auslandsbezug: Auslandsaufenthalt & ausländischer Stiftungssitz
a) Ansässigkeit & unbeschränkte Steuerpflicht
- Mit Wohnsitz/gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland besteht unbeschränkte Steuerpflicht (Welteinkommen).
- Bei Wegzug kann unbeschränkte Steuerpflicht enden; dennoch greifen oft AStG-Regelungen (Hinzurechnung passiver Einkünfte, Wegzugsbesteuerung bei Anteilen, erweiterte beschränkte Steuerpflicht).
b) Ausländische Familienstiftungen (Liechtenstein / Nevis)
- Liechtenstein: Sehr bewährtes Stiftungsrecht, hohe Gestaltungsfreiheit. Steuerlich häufig moderat auf Stiftungsebene. Deutsche Begünstigte versteuern Leistungen in Deutschland; DBA-/Quellensteuern prüfen.
- Nevis: International flexible Strukturen mit regelmäßig geringen lokalen Steuern. Deutsche Steuerfolgen bleiben bei Inlandsbezug bestehen (Wohnsitz, Inlandseinkünfte, Zurechnungstatbestände).
- Transparenz & Zurechnung: Je nach Satzung/effektiver Kontrolle kann eine (teilweise) Zurechnung von Erträgen an Stifter/Begünstigte erfolgen (wirtschaftliche Betrachtung).
c) Steuerliche Vorteile bei (temporärem) Auslandsaufenthalt
- In ausgewählten Jurisdiktionen kann die Gesamtsteuerlast sinken (niedrigere Einkommensteuersätze, günstige Beteiligungs- oder Vermögensbesteuerung).
- Voraussetzung ist eine substanziierte Verlagerung (tatsächlicher Lebensmittelpunkt, >183 Tage, Center of Life) und sorgfältige AStG-/DBA-Planung.
6) Vergleich: Deutschland vs. Liechtenstein vs. Nevis
| Kriterium | Deutschland | Liechtenstein | Nevis |
|---|---|---|---|
| Transparenz / Aufsicht | Hoch (Stiftungsaufsicht, Dokumentationspflichten) | Mittel (abhängig von Ausgestaltung) | Eher gering im Sitzstaat |
| Laufende Besteuerung (Stiftung) | KSt zzgl. SolZ; ggf. GewSt | Regelmäßig moderat | Regelmäßig gering |
| Leistungen an DE-Begünstigte | Einkommensteuerpflichtig | In DE steuerpflichtig; Quellen-/DBA-Effekte möglich | In DE steuerpflichtig; AStG beachten |
| Erb-/SchenkSt & Erbersatzsteuer | Übertragung steuerpflichtig; 30-Jahres-Erbersatzsteuer | DE-Steuern bei Inlandsbezug weiterhin relevant | DE-Steuern bei Inlandsbezug weiterhin relevant |
| Gestaltungsfreiheit | Gut, aber stärker reglementiert | Sehr hoch | Sehr hoch |
7) Typische Gestaltungsmöglichkeiten
- Auslandsstiftung mit DE-Begünstigten: Nutzung moderater Besteuerung auf Stiftungsebene; Zurechnungs- und Transparenzregeln der deutschen Finanzverwaltung beachten.
- Wohnsitzverlagerung (temporär oder dauerhaft): Substanzielle Verlagerung des Lebensmittelpunkts kann Gesamtsteuerlast reduzieren; AStG, Wegzugsbesteuerung und DBA sorgfältig planen.
- Ausschüttungsmechanik: Satzung steuert Zeitpunkt, Höhe und Bedingungen von Leistungen (Thesaurierung vs. Auszahlung, bedingte/zweckgebundene Leistungen).
- Pflichtteilsmanagement: Pflichtteilsverzichte, Abfindungsmodelle, zeitliche Gestaltung von Zuwendungen.
- Holding-Strukturen: Familienstiftung als Dach für operative Gesellschaften und Vermögensanlagen; zielgerichtete Ausschüttungspolitik.
8) Risiken, Grenzen & Stolperfallen
- Gestaltungsmissbrauch: Zu starke Stifterkontrolle kann steuerliche Zurechnung und Versagung von Vorteilen auslösen.
- AStG-/DBA-Fallen: Hinzurechnungsbesteuerung, Wegzugsbesteuerung, Quellensteuer; nationale und internationale Meldepflichten (z. B. DAC6, CRS, FATCA) beachten.
- Pflichtteilsrecht: Unsaubere oder spätzeitige Übertragungen bleiben angreifbar.
- Rechtsänderungen: OECD-/EU- und nationale Reformen können Paramater verschieben; regelmäßige Review-Pflicht.
9) Fazit
Die Familienstiftung ist ein wirkungsvolles Instrument zur Vermögens- und Nachfolgeplanung. Deutschland bietet solide, aber transparentere und steuerlich dichtere Rahmenbedingungen. Liechtenstein und Nevis eröffnen größere Gestaltungsräume, verlangen jedoch eine strenge Einhaltung deutscher Zurechnungs- und Meldevorschriften, sobald Stifter oder Begünstigte in Deutschland ansässig sind. Steuerliche Vorteile durch Auslandsaufenthalte sind realistisch, bedürfen aber substanzieller Verlagerung und exakter AStG-/DBA-Planung. Wer nachhaltig Vermögen sichern will, sollte Satzung, Governance, Ausschüttungslogik, steuerliche Roadmap und Pflichtteilsstrategie aus einem Guss denken.
